Meine Zeit im St. Michael oder „das Leben kann schön sein“

Arbeiten im Seniorenwohn- und Pflegeheim St. Michael in Füssen

Mein Name ist Karel Pusch, ich bin 49 Jahre alt und komme aus Stuttgart. Seit 1991 arbeite ich in der Pflege in verschiedenen Positionen. Aktuell bin ich als Fachkraft bei einer Zeitarbeitsfirma tätig und habe so die Möglichkeit in verschiedenen Einrichtungen, in ganz Deutschland, als Fachkraft zu arbeiten und dadurch die unterschiedlichsten Häuser und Strukturen kennen zu lernen.

 

Ich erinnere mich sehr gut an meinen ersten Tag im St. Michael. Ich kam am 27.01.2020, gegen 12:00 Uhr, in der Einrichtung an. Erschöpft von der über sieben stündigen Fahrt, war mein einziges Anliegen,  in meine Unterkunft zu kommen um mich auszuruhen. Ich betrat die Einrichtung, gleich im Eingang stand ich vor einem sehr großen, schwarz/weiß Wandbild wo eine Frau mit ihrem Fahrrad abgebildet war, es war klar, es handelt sich um eine Fotografie längst vergangener Zeit. Ebenso sah ich eine rote Türe, die einfach so im Raum stand, bestückt mit Prospekten, die jedoch sofort aufgefallen ist. Wie es sich zeigte, tauchte diese rote Türe immer wieder auf, ob auf Plakaten, Fotografien oder sonst wo. Mir gefiel es sehr gut.

 

Es war Mittagessenszeit. Nur fünf Schritte weiter, sah und roch ich, wie einer Bewohnerin das Mittagessen von einer Beschäftigten gebracht wurde (Gulasch mit Nudeln). Diese Mahlzeit sah nicht nur lecker aus, sondern roch auch sehr gut. Mir, als begeistertem Hobbykoch, ist aufgefallen, im St. Michael wird tatsächlich selbst gekocht, denn genau so sah das Gulasch aus. Noch ein paar Schritte weiter wieder ein schwarz/weiß Wandbild, das Motiv zeigte mehrere Personen vor einem Gebäude, auch hier handelte es sich um eine alte Fotografie.

Auf Wegweisern im Haus konnte ich unterschiedliche Dinge lesen (Kneippgarten, Kapelle, Multiraum, etc). Das weckte meine Neugier und unbewusst war für mich klar, ich will alles von diesem Haus sehen. Im Zeitraum von mehreren Monaten konnte ich das gesamte Haus kennen lernen und gewann einen überwältigenden Eindruck. Ecken, die Bewohner einfach nur dazu einladen, zu verweilen und zu entspannen. Ein Bad, welches den Eindruck eines kleinen Urlaubes vermittelt, selbst Toiletten, wie ich sie noch nie sah.

In dieser ganzen Zeit habe ich auch Kolleginnen und Kollegen des gesamten Hauses erleben und kennen lernen dürfen. Ich muss sagen, selten konnte ich eine solche Verbundenheit gegenüber Bewohnern wahrnehmen. Es wird gelacht, es wird geweint, hier herrscht eine persönliche Beziehung. In jedem Bereich wird große Leistung erbracht, gepaart mit Einfühlungsvermögen und Fachlichkeit. Das Essen ist einfach gut, dies gibt Bewohnern wie auch Mitarbeitern einen täglichen Grund sich auf etwas zu freuen (bei mir war es so). Klar gab es Gerichte, die fand ich nun nicht wirklich gut, dies lag aber bestimmt nicht an der Art der Zubereitung, sondern viel mehr daran, dass ich diese Gerichte nirgends esse, weil ich sie einfach nicht mag. Der Chefkoch nimmt sich die Zeit, geht auf die Wohnbereiche und redet mit Bewohnern, ob sie Wünsche und Anregungen für das Essen haben (selten so erlebt).

Nun sind über fünf Monate vergangen, es ist der 30.06.2020 und mein Einsatz im St. Michael ist beendet. Ich durfte viel erleben und erfahren, tolle Bewohner (ich hatte viel Freude mit ihnen), tolle Kolleginnen und Kollegen, tolle Vorgesetzte. Das Besondere im St. Michael für mich war, das hier die Bewohner Mensch sein dürfen, mit allen Höhen und Tiefen. Das Leben macht nicht an der Eingangstür halt, sondern wird im St. Michael mit offenen Armen empfangen. Wir alle wissen, dass das Leben nicht immer leicht und heiter ist, ja, das Leben ist auch nicht immer fair. Und dennoch kann das Leben schön sein.

Für meine Zeit hier, kann ich nur „Danke“ sagen, danke für die freundliche Aufnahme als Kollege, danke für gutes Essen, danke für die wundervollen Einblicke und mein größter Dank für die schönen Augenblicke mit Euch allen.
Es ist nun nicht einfach für mich „Auf Wiedersehen“ zu sagen, aber ich muss es, da ich selbst es so gewählt habe.
Dem St. Michael kann ich nicht viel Wünschen, außer, bleibt wie ihr seid.

Fotos: St. Michael (1), Peter Ernszt (2-5)

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