Gulielminetti-Haus: Neue Wege öffnen neue Türen

BRK Gulielminetti Seniorenheim in Marktoberdorf

Wie steht es um die Seele in Zeiten von strengen Corona-Regeln?

Mit dem Herbst kommt die dunkle Jahreszeit und mit ihr der Monat November. Viele seiner stillen Feiertage stehen ganz im Zeichen des Gedächtnisses an Verstorbene. „Sterben im Gulielminetti-Haus aber auch außerhalb ist etwas sehr rituelles“, sagt Cornelia Jeschek, Hospizbeauftragte und stellvertretende Leitung der Sozialen Betreuung im Gulielminetti Seniorenheim in Marktoberdorf.

Jedes Jahr fand deshalb am Ewigkeitssonntag in der Hauskapelle ein ökumenischer Gedenkgottesdienst für alle Bewohner, Angehörigen sowie haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter statt. „Zusammenkommen und trauern um jene Bewohner, die im vergangenen Jahr von uns gegangen sind.“ Dieses Ritual könne heuer so leider nicht stattfinden. Als Ersatz werde im Eingangsbereich an einem besonderen Platz eine weiße Kerze in einer Laterne der Erinnerung leuchten.

„Wir haben viele jahreszeitliche Veranstaltungen und Traditionen, die wir seit Beginn der Pandemie nicht mehr anbieten können“, bedauert Renate Dauner, Leitung der Senioreneinrichtung des Bayerischen Roten Kreuzes. Dies führte zunächst zu einer eigenartigen Ruhe im Haus, erinnert sie sich. Es folgte die Phase der Neuorientierung. „Wie können wir die sozialen Bedürfnisse der Bewohner und ihrer Angehörigen abdecken und gleichzeitig den Schutz von Bewohnern und Mitarbeitern gewährleisten?“

Vor allem die Betreuungsassistenten mussten alte Aufgaben ruhen lassen und neue Wege gehen, erklärt Pflegedienstleiter Daniel Kahl. „Es gibt keine großen gemeinsamen Veranstaltungen mehr, sondern Angebote für kleine feste Gruppen in den Wohnbereichen mussten gestaltet werden.“ Was in den Sommermonaten mit Draußen-Aktivitäten wie Rollfiet-Ausfahrten, Spaziergängen oder Lesungen im Garten noch relativ einfach war, verlangt in der kalten Jahreszeit einiges an Kreativität und Ideen.

Soziale Betreuung sorgt für lebendige Wohnbereiche und neue Rituale

Jeschek sieht darin eine Chance: In kleiner Runde im Wohnbereich sei es heimeliger und stressfreier für die Bewohner, wenn sie beispielsweise mit ‚Teezeit‘ vorfährt. Das ist ein neuer Rollwagen mit allem Notwendigen für eine sinnliche Teezeremonie. Anregen soll auch der Bücherwagen, der in Kooperation mit der Marktoberdorfer Stadtbibliothek alle vier Wochen mit Allgäuer Bildbänden, Zeitschriften und Büchern neu bestückt wird. „Magazine oder Literatur sind ein toller Einstieg in Gespräche und öffnen oftmals verschlossene Türen aus dem Leben der Bewohner.“

„Mitarbeiter der sozialen Betreuung sind eigentlich für das Seelenwohl der Bewohner zuständig“, erklärt Dauner weiter. Doch in Zeiten der Pandemie müssen sie zusätzlich für das Einhalten von Regeln sorgen. Die Betreuungsassistenten registrieren und begleiten die Angehörigen während der Besuchszeit sicher durchs Haus. „Leider hat nicht jeder Verwandte Verständnis dafür, dass das selbständige Betreten unserer Einrichtung derzeit verboten ist“, bedauert die Einrichtungsleiterin. Der Befürchtung von einigen, „dass die Mutter oder der Vater im Heim vereinsame“, stehe die Gefährdung von Mitbewohnern und Mitarbeitern gegenüber. „Wir sind für den Schutz aller verantwortlich“, betont Dauner.

Für eine weitere Gruppe brachte die Infektionslage einschneidende Veränderungen mit sich: Denn auch ehrenamtliche Mitarbeiter boten in normalen Zeiten wertvolle Rituale an. „Wir nehmen Menschen nicht nur als neue Bewohner auf, wir wollen ebenso eine respektvolle und achtsame Verabschiedung, wenn es soweit ist“, sagt Dauner. Eine wichtige Rolle übernahmen dabei - neben den hauptamtlichen Mitarbeitern - die ehrenamtlichen Hospizbegleiter. Sie stehen Angehörigen und Sterbenden in der Trauerphase bei. „Ein Problem in Pandemiezeiten, denn viele der Ehrenamtlichen gehören selbst zur Risikogruppe“, erklärt Hospizbeauftragte Jeschek.

Sie ist jedoch erleichtert, dass in den Wohnbereichen wieder wöchentlich ein kirchliches Angebot stattfinden darf. „Unsere Bewohner vermissten die Kirche sehr.“ Dieses Bedürfnis wird steigen, je näher es auf Heilig Abend und die Weihnachtsfeiertage zugeht. Einem Weihnachtsfest, dem Renate Dauner und Cornelia Jeschek in diesem Jahr mit gemischten Gefühlen entgegensehen. Beide wünschen sich, dass alle Generationen von der Uroma bis zum Urenkel ausreichend Abstand zueinander halten, um die Risiken der Ansteckung zu minimieren und weiterhin von Corona verschont zu bleiben.

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